Ein Gastartikel von Marc Ornstein (Honeoye Falls, NY, USA)

Wenn ich mit meinen Freunden paddle, oder unterrichte, werde ich oft gefragt: „Wie viel übst Du?“ Genauso häufig ist die Frage: „Wird Dir das Üben nicht langweilig?“

Wenn ich das Proben einer Kür mal außen vor lasse sind die Antworten sehr einfach. Wie oft ich übe? Selten. Wird mir das Üben langweilig? Lies weiter!

Marc Ornstein Creekin' FreeStyle

Um genau zu sein übe ich immer wenn ich paddle, aber ich sehe es nicht als üben. Ich nutze alle Techniken die ich gelernt habe so oft wie ich kann. Wenn ich ein wenig zur Off-Side möchte, baue ich einen kleinen Wedge ein. Ein Bogenschlag würde genauso gut gehen, wäre aber nicht annähernd so elegant und würde sicherlich nicht so viel Spaß machen.

Um zu wenden könnte ich eine Serie von harten J-Schlägen verwenden (vorausgesetzt ich habe genug Platz). Aber warum nicht einen Axle fahren, oder einen Post oder Christie? Jedes dieser Manöver erfüllt den Zweck und macht mehr Spaß als eine weite Kurve mit einer Serie von J- und Vorwärtsschlägen.

Wenn ich in einem engen Kanal vorauspaddle und mich mit den Anderen hinter mir unterhalten möchte, wende ich mein Boot (mit irgendeinem Manöver auf das ich Lust habe) und paddle einige Zeit mit Rückwärtsschlägen oder übergriffenen Rückwärtschlägen weiter. Auf diese Weise kann ich mich meinen Freunden zuwenden und trotzdem das führende Boot bleiben. Übergriffene Rückwärtschläge funktionieren großartig, da ich gewöhnlich transverse (Anmerkung des Übersetzers: der Seite des Bootes zugewandt) paddle. Aus dieser Position, rückwärtspaddelnd, kann ich die anderen Boote über meinen Bug sehr gut sehen und den Kanal über das Heck – und ich muss dabei nicht mal meinen Hals verdrehen.

Wenn Du das nächste Mal in einen enger werdenden Kanal fährst, der in einer Sackgasse endet, probiere doch mal den folgenden Trick: Warte bis der Kanal sich gerade bis auf eine Bootslänge verengt hat bevor Du wendest. Bleib in Cross Reverse bis der Kanal endet. Während alle anderen noch versuchen herauszufinden wie sie wieder umdrehen können zeigt Dein Bug bereits in die richtige Richtung und alle werden Dich für ein Genie halten.Marc Ornstein Creekin' FreeStyle

Beim „Creekin' FreeStyle“ oder Alltagspaddeln werden starke Kantungen und Gewichtsverlagerungen in Fahrtrichtung nur selten wirklich benötigt. Benutze sie trotzdem wann immer es die Bedingungen erlauben. Nach einer Weile wird das Aufkanten ganz natürlich und Du entwickelst ein Gefühl für die Kante. Vielleicht solltest Du aber einen Schwamm bereithalten, denn manchmal ist die Kante nicht mehr unbedingt dort wo sie vor ein paar Minuten noch war.

Wenn Du am Ufer eines schönen Sees entlang paddelst, kannst Du in einiger Entfernung vom Ufer bleiben und einem ziemlich geraden Kurs folgen, oder Du kannst einfach nur einen Meter von der Uferlinie entfernt bleiben und jede Bucht und jeden Vorsprung ausfahren. Die Strecke wird so zu einer endlosen Aneinanderreihung von Sideslips, Wedges, Posts... Du weißt schon.

„Wird mir langweilig beim Üben?“ Inzwischen sollte die Antwort auf diese Frage klar sein. Das Kind das an den Kletterstangen auf dem Spielplatz klettert erlernt alle möglichen motorischen Fähigkeiten und Möglichkeiten zu balancieren. Übt das Kind dabei oder spielt es? Langweilt sich dieses Kind? Sag Du es mir.

Marc Ornstein ist Kanubauer, ACA FreeStyle Instructor und vierfacher Goldmedaillengewinner der US National Interpretive Freestyle Canoe Competitions.

(Übersetzung aus dem Englischen: Sebastian Stetter, der englische Originaltext ist im CrossPost Winter 2013 erschienen)

Joomla templates by a4joomla